Bei Dir, 29,7 x 42 cm, Indian Ink und Tusche auf Papier 250g/qm, säurefrei
Fein verzweigt das Geäst mit seinen ersten Trieben, zeichnet es feine Linien ins Blau des Morgenhimmels. Sie schaut auf – am Horizont das Morgenrot – folgt der schwarzen Silhouette des Stamms, der sich biegt und teilt, als träge er das endlose Blau der Stunde. Wenig Licht dringt auf den Weg, nur hinter den Bäumen weit entfernt die bald aufkeimende Sonne. Ihre Schritte weich auf dem Pfad, der mäandernd lauschend am Bach entlangführt. Auf ihm noch die zerfallenen Reste des Laubs, ganz zart darauf zu gehen. Sie tastet sich bedächtig in den Frühling, liest erstes Licht vom Boden auf, streift mit Blicken, die im Frühling noch Form suchenden Blätter der Büsche und Bäume. Sonderbare Gestalten hängen unförmig von Bäumen, sich entfaltende Gebilde, zerbrechlich jung, neu gebaut aus Chlorophyll. Der Blick weitet sich am See. Spiegelbilder fangen die Welt auf, legen sie, sichtbar ins Blau des Himmels gepackt, auf die Wasseroberfläche. Ein Zauberspiel: Silhouetten der Stämme und Äste biegen, formen sich – Überschneidungen verschränken die Arme, Licht betastet Himmel, Erde und Wasser zugleich und verbindet Realität und Schein.
Das Foto in Händen, darauf eingefasst der See vom Gras, gefangen im Nass - der Himmel. Nebel steigt auf – die Luft atmet. Sie erwacht, ihre Erinnerungen zerfallen schlagartig, zersplitternd wie Glas, das im Schlaf auf dem Boden zerbrach. Scherben zwischen den Beinen des Stuhls.
Henriette Tomasi, 17.04.2020
Allein, 29,7 x 42 cm, Indian Ink und Tusche auf Papier 250g/qm, säurefrei
Spiegelbild, 29,7 x 42 cm, Indian Ink und Tusche auf Papier 250g/qm, säurefrei
Noch nass vom Leben, 29,7 x 42 cm, Indian Ink und Tusche auf Papier 250g/qm, säurefrei